Freitag, 15. Mai 2020

15.5.2020




Heute Morgen.
Nach dem Frühstück gehe ich fast wie jeden Tag in den Garten und mache meine Runden. Mit Neugier und großer Begeisterung schaue ich, was es Neues gibt. Es ist kühl. Es hat in der Nacht geregnet. Alles ist sauber und reingewaschen. Auf den Blättern des Frauenmantels sitzen viele Wasserperlen. Ich wundere mich, dass sie nicht von ihrem Blattteller herunter kollern. Über Nacht sind viele Pflanzen ein großes Stück gewachsen oder ihre gestern noch geschlossenen Knospen sind aufgeplatzt und es quillt ein buntes Wunder hervor. Eine große Freude macht mir eine besondere Pfingstrose. Meine Oma sagte zu ihr " Antonirose". Sie stammt noch vom Bauerngarten meiner Oma. Ein großer Stock bildete das Herzstück. Zu meiner großen Freude entdecke ich heute drei große Knospenkugeln. Aus der grünen Hülle sind schon dunkelrote Blütenblätter sichtbar, die sich noch fest zu einer Kugel zusammen schließen. Es überkommt mich das Bedürfnis, diese Wunderkugel ganz vorsichtig mit meiner Hand zu umschließen. Ich spüre die kühle Zartheit und zugleich eine große Kraft in meiner Handfläche. Ein großes unfassbares Wunder halte ich in meiner Hand. In wenigen Tagen wird sie sich entfalten und unzählige dunkelrote Blütenblätter werden sich in einen handtellergroßen Blütenball verwandeln, den man stützen muss, damit er sich durch sein Gewicht nicht auf die Erde legt.  Ich frage mich, wie hat die ganze Pracht in so einer Knospe Platz?
An allen Ecken und aus jeder Ritze wachsen Akeleien. Die meisten von ihnen sind von alleine gekommen. Sie blühen in einer Vielfalt, wie ich sie mit Sicherheit nie gepflanzt habe. Wenn ich so über den Garten schaue, schweben ihre Blütenköpfchen mit einer Leichtigkeit und Zartheit über der üppigen grünen Blätterbracht. Es gibt von zartem Blau, in verschiedenen Lilatönen, Rosaschattierungen, bis weiß, alles. Auch eine ganz edle und vornehme steht vor mir. Sie ist  dunkelviolett, fast schwarz. Mit dieser Kleidung könnte sie in die Oper gehen. So hat jede ein besonderes Kleidchen. Manche von ihnen tragen sogar weiße Unterröckchen. Die Blütenformen sind ganz unterschiedlich. Von einfach bis mit doppelter Rüschchenreihe.
Ich bin von der Vielfalt und dem Schöpfungswunder fasziniert!
Bevor ich ins Haus gehe, treffe ich noch einen Löwenzahn. Seine leuchtend gelbe Blüte hat sich schon in eine flauschige , weiße Kugel verwandelt. Unzählige, kleine Fallschirmchen, jedes mit einem Samenkörnchen ausgestattet, mit allen Anlagen, die eine richtige Löwenzahnpflanze ausmacht, im Gepäck. Sie warten nur auf einen Windstoß, der diese vielen Wunder in die Welt hinausträgt, um uns Menschen mit ihrer Schönheit für unsere Seele und mit den Nährstoffen für unseren Körper zu beschenken.
Ich verneige mich mit großer Dankbarkeit vor der Schöpfung, in der ich leben darf!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

12.9.2022

  Ich sitze am Küchentisch und schaue aus dem Fenster.  Vor mir steht noch immer unsere Sonnenblume, die ich im letzten Bericht beschrieben ...