Donnerstag, 21. März 2019

21.3.2019






Ihre Verzweiflung war groß und trieb sie, Rat bei den Priestern und Wissenschaftlern zu suchen. Und dort fanden sie tatsächlich Hilfe. Die Wissenschaftler bauten ihnen Laternen, welche durch ihr mattes Licht die Dunkelheit etwas erhellten. Allerdings durfte man sich des Lichtes jeweils nur für wenige Augenblicke erfreuen, denn es strahlte so negativ, dass man sogleich erkrankte, wenn man sich für längere Zeit unter einer Laterne aufhielt. Und die Priester versprachen ihnen – unter der Voraussetzung, dass sie beharrlich, treu und ergeben der rechten Lehre dienten – Heil. Ja, irgendwann, in einer fernen Zukunft würde ihnen Heil zuteil werden. Diese Aussicht tröstete sie und ließ sie ihre Freudlosigkeit etwas leichter ertragen.

Erwähnen möchte ich auch noch, dass viele der Planetenbewohner nicht die Geduld aufbrachten, auf ein fernes Glück zu warten. Sie konnten und wollten ihr Leid nicht mehr auf sich nehmen, sie wollten all das Trostlose ihrer Dunkelheit nicht mehr spüren. Und so gaben sie sich ihrer Lust hin, betäubten sich durch Rauschmittel, aßen und tranken im Übermaß, paarten sich alle durcheinander und scherten sich nicht um gute Sitten. Allerdings, wenn sie aus ihrem rauschhaften Treiben erwachten, war ihr Schmerz noch ätzender, ihre Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit noch größer, sodass sie sich gleich wieder von Neuem betäuben mussten. Interessanter Weise schritten die Priester nie gegen deren ausschweifende Lebensart ein; im Gegenteil, manchmal beteiligten sie sich selbst daran. Wenn aber jemand die Zeit erwähnte, als noch das Feuer das Leben der Wesen bestimmte, so wurde er mit einem lebenslangen Bann belegt und auf eines jener Gestirne gebracht, die sich ganz am Rand des Universums befinden.

In dieser Zeit wuchs ein Kind heran, unartig, widerspenstig, wild. Es hatte sich nie erziehen lassen, dieses Kind. Es hatte nie auf seine Eltern und Erzieher hören wollen. So wie sie lebten, wollte es nicht sein. Immer hatte es nach dem Verborgenen gesucht, neugierig nach dem, was alle anderen nicht taten, sagten und wussten. Wie es der Zufall so wollte, kam das Kind auf einem seiner Streifzüge in die Nähe der Höhle. Es versteckte sich hinter dem Gebüsch und beobachtete, wie eine Heerschar von Kriegern den Höhleneingang  - ständig kampfbereit – bewachte. Was mochte wohl in der Höhle sein, dass sie so streng bewacht werden musste? Drei Tage und Nächte lag das Kind auf der Lauer, bis es, in einem unbemerkten Augenblick, Gelegenheit fand, in die Höhle hineinzuhuschen. Was ihm da begegnete war mehr als es zu fassen vermochte: So viel Licht! So viel Strahlen! So viel Wärme!  Überwältigt wandte es sich ab von all dem Licht und verließ fluchtartig diesen Ort. „Das ist nicht wahr. Ich habe nichts gesehen. Ich habe gar nichts gesehen,“ redete es auf sich ein, während es nach Hause hastete. Dort angekommen, tat es so, als wäre nichts geschehen. Niemandem erzählte es von seinem Erlebnis. Schließlich hörte es auf, daran zu denken

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