Freitag, 27. Mai 2022

27.5.2022

 

Wer meinen Blog kennt, weiß, was mir unser Garten bedeutet. Jeden Tag beginne ich mit einem Rundgang, besuche alle Pflanzen, schaue ob alle noch da sind, niemand über Nacht angeknabbert oder sogar ganz aufgefressen wurde. Ich freue mich über jeden Millimeter, den sie gewachsen sind, über jede neue Knospe, begrüße mit großer Freude die ersten Rosenblüten, stecke meine Nase voll staunen über dieses Wunder in so manches Blütengesichtchen. Das macht mich glücklich und ein Gefühl von Reichtum, Fülle und Dankbarkeit erfüllt jede meiner Zellen.

Vor wenigen Tagen scheint für mich für einen Moment, dass dieses Glück für mich ein jähes Ende hat.

Am Vormittag freute ich mich noch an dem Paradies, am Nachmittag kam ganz plötzlich ein unglaublich starker Hagel. Eine Unzahl murmelgroßer Hagelkörner schossen vom Himmel und rafften diese Schönheit in wenigen Minuten weg. Wie alles vorbei war, schaute der Garten wie ein Schlachtfeld aus. Der Gemüsegarten, auf den ich so stolz war, auf den ersten Augenblick alles weg. Der köstliche Salat, der sich gerade zu Köpfen formte, die frischgepflanzten Zucchinipflanzen geköpft, die kleinen Blumenpflänzchen, die ich aus dem Samen, ein Muttertagsgeschenk meiner Tochter, in den Eiskugeln vergraben. Meine erste Arbeit war die zarten Pflänzchen von den Hagelkörnern zu befreien, damit sie nicht auch noch erfrieren.

Am nächsten Morgen, als ich noch im Bett war,  spürte ich so gar keine Lust in den Garten zu gehen. ich dachte mir, ich werde mich einfach auf meine Arbeit im Atelier konzentrieren. Das macht mir auch Freude. Als ich aus dem Fenster sah, entdeckte ich Kurt meinen Mann, der schon einen großen Teil der Wiese vom Blätterteppich unter den Apfelbäumen entfernt hatte. Die Nachbarin nebenan war auch dabei, das Drama aufzuräumen.

Da kam mir folgender Gedanke. Für die Pflanzen, für den ganzen Garten, war der Hagel ein riesengroßer Schock. Viel mehr als für mich. Der Salat, der seiner Bestimmung entgegen wuchs, der seine Blätter zu Köpfen formte um den Menschen, in dem Fall für mich und meinen Mann ein köstliches, gesundes Mahl zu schenken. Es ist vorbei. Die Schwertlilien, die ihre überaus zarten, seidigen Blütenkunstwerke gebildet haben. Sie hängen zerfetzt herunter und können sich auf keine Hummel oder Biene mehr freuen, die sie begierig besucht und in ihrem Inneren auf die angenehmste Art kitzelt.

Da habe ich gefühlt, dass ich gerade in dieser Situation meinen Garten nicht im Stich lassen darf und ihm in ganz besonderer Weise meine Zuwendung schenken muss. Also ging ich in den Garten, befreite jeden Salat von den zerfetzten Blättern und freute mich über jedes Salatherz, dass einigermaßen intakt war. Ich tröstete mich selber, indem ich mir sagte, beim Pflücksalat mache ich es ja auch. So gehe ich durch den Garten. Ich entferne, was nicht zu retten ist, richte auf, was noch weiterwachsen wird. Auch in meinem Bohnenbeet habe ich eine Menge neuer Bohnenkerne gesteckt, weil viele Bohnenpflanzen, die gerade ihre zaghaften Kletterversuche gemacht haben, schlaff herunterhängen.

Heute wieder Aufbruchstimmung! Die Sonne scheint, Gott sei Dank zwitschern wieder viele Vögel, die Bienen sind unterwegs und besuchen die noch übriggebliebenen Blüten. Bei den Schwertlilien, die so traurig ausgesehen haben, öffnen sich gerade wieder neue Blüten, Das Gurkenpflänzchen, dass den Haupttrieb verloren hat, bekommt an dieser Stelle zwei.

Das ist die Natur. Es geht wieder weiter! In jedem Ende schlummert schon ein neuer Anfang.

Ich freu mich wieder!




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